„Kabel auf dem Boden liegen, von Menschen darauf spazieren gehen, grausam behandelt werden.“

Wer das in einer Anleitung liest, weiß, die Anleitung taugt nichts. Auch das Vertrauen in das möglicherweise gute Produkt ist nun eventuell angeschlagen.

„Wenn der Kopfbereich gefüllt ist, wird durch die Felder gesprungen.“

Eine sicherlich lustige Stilblüte aus einer Software-Beschreibung zu einem zweigeteilten Eingabefenster, leider unpassend in Anleitungen.

Mittlerweile sehr beliebt sind Videos über Unboxing (ein Produkt wird der Verpackung entnommen und vorgestellt). Das verdeutlicht, das Produkt-Design beginnt also bereits bei dem unwichtigen Beiwerk, der Verpackung.

Die Anleitung aber ist kein Beiwerk – wie die Verpackung – sondern Teil des Produktes. Das Layout und die Gestaltung sind wichtig, aber besonders wichtig ist die gewählte Sprache.

Hier zählt nicht nur der erste Eindruck.

Der Sinn einer Anleitung

Der Leser einer Anwenderdokumentation erwartet, dass er mit ihrer Hilfe das Produkt verwenden kann:

  • ohne fremde Hilfe,
  • in kurzer Zeit,
  • fehlerfrei,
  • in allen zugesicherten Funktionen und
  • (nach Einarbeitung) jederzeit.

Da die Sprache das Werkzeug ist, mit dem diese Ziele erreicht werden, muss dieses Werkzeug passend und zielführend genutzt werden.

Sprache in Anleitungen

Prämisse für den Satzbau (und der Wortwahl) in Anleitungen ist immer die gute und eindeutige Verständlichkeit für die ermittelte Zielgruppe. Passend zu dieser Zielgruppe muss der Autor dann die Sprachgestaltung auswählen.

Anleitungen sollten aber grundsätzlich immer verständlich sein. Als Hilfsmittel gibt es wissenschaftlich belegte theoretische Modelle zur Gestaltung verständlicher Anleitungen. Ein Autor von Anleitungen sollte sich mit diesen Modellen beschäftigen und beim Schreiben beachten.

Wortwahl, Satzbau und Grammatik

Für den Alltag in der Technischen Redaktion reichen aber oft schon ein paar simple Grundregeln zur Erstellung verständlicher Sätze.

Einige Beispiele praktischer Benimmregeln für Autoren von Anleitungen sind:

  • Nenne die zu beschreibenden Dinge beim Namen und benenne sie immer gleich.
  • Bilde Sätze mit maximal 20 Wörtern.
  • Bilde maximal dreigliedrige Sätze aus drei nebengeordneten Hauptsätzen (Parataxe) oder aus einem Hauptsatz und zwei untergeordneten Nebensätzen (Hypotaxe).
  • Bilde vollständige Sätze.
  • Achte sorgfältig auf die Satzaussage und die Satzlogik.
  • Vermeide Satzklammern, bilde also Sätze in denen die Hilfsverben (sein, werden, haben) und Modalverben (können, dürfen, müssen, sollen) nicht weit vom Vollverb entfernt stehen und bilde Sätze in denen die Teile zusammengesetzter Verben (beispielsweise „zeigt an“) im Satz nicht zu weit auseinander stehen.
  • Bilde Aktivsätze, diese klingen weniger umständlich, sind einfacher aufgebaut und das handelnde Subjekt ist klar, zum Beispiel:
    Passivsatz:
    „Nach erfolgreich beendetem Test wird die Software-Einstellung aktiviert.“
    (unklarer Satz – muss der Nutzer handeln?)
    Aktivsatz:
    „Die Software aktiviert die Einstellung nach erfolgreich beendetem Test.“ (klarer Satz)

Es gibt ein paar weitere einfache Regeln, die es lohnen beachtet zu werden, aber das Ziel ist an dieser Stelle sicher bereits klar geworden.

Handlungsanweisungen

Eine Handlungsanweisung sollte sprachlich wie folgt gestaltet sein:

  • Der Leser soll sich direkt angesprochen fühlen.
  • Es sollte ein vollständiger, genauer, kurzer Aufforderungssatz gebildet werden, zum Beispiel mit dem Handlungsverb im Imperativ:
    „Bewegen Sie den Regler in die Mittelposition!“

Orthographie

Rechtschreibfehler fallen dem durchschnittlichen Leser als erstes auf. Eine mangelhafte Rechtschreibung hat unmittelbaren Einfluss auf das Produkt- und Herstellerimage.

Der sachliche Sprachstil

Der zu wählende Sprachstil ergibt sich aus dem Zweck einer Anleitung. Zweck einer Anleitung ist es, dem Leser alle für die Beschreibung und Verwendung eines Produkts nötigen Informationen sachgerecht, verständlich und einprägsam darzulegen. Hier ist ein „sachlicher Sprachstil“ empfohlen.

Der sachliche Sprachstil besitzt folgende Eigenschaften:

  • eine besonders übersichtlich Textstruktur,
  • eine knappe Ausdrucksweise,
  • eine klare und nüchterne Sprache,
  • die Textgliederung und Ausdruck, dienen ausschließlich der sachgerechten und verständlichen Information.

Nominalstil oder Verbalstil

Der sachliche Sprachstil verführt leider immer wieder zu Substantivierungen (Nominalstil). Der Nominalstil macht einen Text allerdings schwerfällig und lässt ihn umständlich erscheinen. Deshalb sollten Autoren von Anleitungen bewusst darauf achten, den Nominalstil zu vermeiden.

Typische Beispiele für den übertriebenen Nominalstil:

„zum Abschluss bringen“ – besser ist „abschließen“,
„Mitteilung machen“ – besser ist „mitteilen“,
„Entscheidung treffen“ – besser ist „entscheiden“.

Fazit – verständlich, knapp und sachlich

Zum Abschluss ein Beispiel – mit einem Augenzwinkern.

„Die Oviparie ist eine Obliegenheit der Galliformes.“
(sachlich, schwerfälliger Nominalstil mit nicht geläufigen Fremdworten, wird empfohlen für das kaschieren „heißer Luft“, zum Beispiel im Feuilleton)

besser

„Die Legung von Eiern ist Sache der Hühner.“
(sachlicher Nominalstil, die „heiße Luft“ wird sichtbar, wird nicht empfohlen)

noch besser

„Hühner legen Eier.“
(sachlich, einfach und verständlich, wird für Anleitungen sehr empfohlen)