… und warum ist genau dieses Büro oder jener Freiberufler der Richtige?

Bestmögliche Übersetzungsqualität, kurze Erstellungszeiten und geringe Kosten? Diese drei Faktoren sind kaum alle gleichermaßen zu erreichen. Wenn die Einkaufsabteilung eines Unternehmens für die Beschaffung der Übersetzungsdienstleistungen zuständig ist, liegt der Fokus häufig vor allem auf dem Preis – und die Qualität bleibt auf der Strecke. Die Gefahr besteht vor allem dann, wenn die Fachabteilung nicht mit eingebunden wird. Das kann im schlimmsten Fall sogar die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen gefährden.

Vor- und Nachteile der verschiedenen Möglichkeiten

Je nach Unternehmen ist die Arbeitsweise im Umgang mit Übersetzungsdienstleistungen sehr unterschiedlich: Der Einkauf beschafft möglichst alles im Paket, oder es gibt Übersetzungsmanager, die teilweise auch über einen sprachlichen Hintergrund verfügen. Oder der Technische Redakteur organisiert die Übersetzungen selbst.

Jede dieser Varianten hat ihre Berechtigung, aber auch Vor- und Nachteile. Diese müssen Sie erkennen und entscheiden, was ihr Unternehmen benötigt: Ist es die gelegentliche Übersetzung einer Technischen Dokumentation oder das komplette Informationsmaterial des Marketings? Oder sollen alle Informationen des Unternehmens inklusive Webseiten und Materialstammdaten übersetzt und lokalisiert werden? Welche Ressourcen stehen intern zur Verfügung? Welches fachliche Know-how ist im Unternehmen vorhanden?

Dann können Sie entscheiden, wie es weitergeht: Sie können gezielt nach Sprache und Textsorte mit einzelnen freiberuflichen Übersetzern arbeiten oder auch mit mehreren Dienstleistern. Denkbar ist auch die Auswahl eines einzigen, großen Übersetzungsdienstleisters, der sich um alle Schritte kümmert – vom Auftrag über das Projektmanagement bis zum Qualitätsmanagement. Kombinationen dieser Varianten sind natürlich auch denkbar.

Oft vergessen, aber wichtig: Legen Sie vertraglich fest, wem das Translation Memory gehört. Hier gibt es immer mal wieder Diskussionen. Auch das Thema „Haftplichtversicherung“ kann – je nach Unternehmen – kritisch sein.

Systematische Qualifizierung und Bewertung

Mit einem Kriterienkatalog und einem standardisierten Ablauf können Sie dann in die Auswahl gehen, und zwar am besten über aktive Ansprache. Nehmen Sie nicht den nächstbesten Dienstleister, der gerade per Rundmail für seine Dienste wirbt.

Bei der Auswahl darf der Preis nicht Ihr einziges Entscheidungskriterium sein, denn es gehören unbedingt eine angemessene sprachliche und fachliche Qualifikation sowie passende Tool-Kenntnisse dazu.

Welche Kriterien letztlich genutzt werden, hängt vom Unternehmen ab. Auch die Einstufung, was gut und was nicht tragbar ist, müssen Sie vorab definieren und dann auch kommunizieren. Es ist sicher hilfreich, wenn der angefragte Dienstleister weiß, was ihn bezüglich des Ablaufs und der Bewertungskriterien erwartet.

Ein Beispiel für die methodische Vorgehensweise könnte wie folgt aussehen:

  • Starten Sie mit einem Testprojekt von maximal einer Seite. Bauen Sie vielleicht ein paar Stolperstellen ein, um zu sehen, wie der Übersetzungsdienstleister damit umgeht. Das macht relativ wenig Arbeit, vermittelt Ihnen als Auftraggeber aber gut einen ersten Eindruck der Ernsthaftigkeit der Zusammenarbeit von Übersetzerseite.
  • Danach geht es weiter mit einem kleinem realen Projekt.
  • Und nach erneutem erfolgreichen Durchlaufen dann ein „normales“ Projekt.

Anschließend ist der Übersetzungsdienstleister im Pool. Bei der Beurteilung können folgende Bereiche sinnvoll sein:

  • sprachliche Qualifikation
  • fachliche Qualifikation
  • Tool-Kenntnisse
  • Erreichbarkeit
  • Kommunikation
  • … und natürlich der Preis

Machen Sie die Einstufungen einheitlich. Die Systematik können Sie nach eigenem Geschmack festlegen: Schulnoten (1 … 6) oder von – über 0 bis ++. Wenn Ihnen etwas wichtig ist, gewichten Sie die Kategorien. Und definieren Sie intern, was für Sie gut, was problematisch und auch was nicht mehr okay ist.

Im Sinne des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP) sollte dann der Übersetzungsdienstleister auch regelmäßig bewertet werden.

Eine offene, klare Kommunikation von Anfang an ist für eine gute Lieferantenbeziehung sehr förderlich, wenn nicht sogar unabdingbar.

Fazit

Mit einem überschaubaren Kriterienkatalog und einem geplanten Ablauf können Sie Übersetzungsdienstleistungen systematisch beschaffen und bewerten. Wichtig ist dabei, dass Sie wissen, was Ihr Unternehmen benötigt und leisten kann.

Haben Sie Ihren Prozess im Griff, dann wissen Sie, „wer wann was tut“. Transparenz hilft extern und intern:

Zeigen Sie im Unternehmen typische Stolperstellen auf. Das erleichtert dem Übersetzungsdienstleister die Arbeit, und er kann sich auf inhaltliche Themen fokussieren. Und Ihnen spart es im Unternehmen Rückfragen. Machen Sie auch die Auswahl- und Bewertungskriterien für Übersetzungsdienstleistungen öffentlich, hierbei kann ein Übersetzungsleitfaden – ähnlich einem Redaktionsleitfaden – sehr hilfreich sein.

Translation Memory Systeme (TMS) und weitere Tools sind ohne Frage hilfreich und nützlich. Aber die Nutzung der Tools muss von den Beteiligten verstanden sein, denn ein Tool allein löst keine Probleme!

Weitere nützliche Quellen sind der tekom-Leitfaden zur Beschaffung von Übersetzungsdienstleistungen, der VDMA-Leitfaden zur Beschaffung von Übersetzungsdienstleistungen sowie die Normen EN 15038 &ISO 17100.