Den Begriff „Digitaler Produktpass“ (kurz DPP) hat die/der eine oder andere bestimmt in letzter Zeit gehört. Doch was steckt dahinter und könnte sich daraus ein neues Betätigungsfeld für die Technische Redaktion ergeben?

Hintergrund: Die Ökodesign-Verordnung 2024/1781

Ausgehend von der neuen Ökodesign-Verordnung 2024/1781 aus diesem Jahr sollen Hersteller zukünftig umfangreiche Daten zu jedem Produkt zusammenstellen und publizieren. Diese Daten sollen sich dann im DPP wiederfinden.

Ziel ist, Interessenten über die Nachhaltigkeit von Produkten zu informieren und den Kauf von nachhaltigen Produkten zu fördern. Zusätzlich sollen Nutzer in die Lage versetzt werden, Produkte bei einem Defekt wieder instand setzen zu können, anstatt sie neu zu kaufen. Hierdurch möchte man Ressourcen und somit die Umwelt schonen.

Zielsetzung des DPP: Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung

Inhalte des DPP sind Informationen zu Haltbarkeit, Wiederverwendung, Nachrüstung und Reparierbarkeit, Wiederaufbereitung und Recycling. Hier kommen Anleitungen, wie z. B. die Reparaturanleitung inkl. Ersatzteilinformationen ins Spiel. Aber auch Informationsanforderungen, wie Ausweisung des CO2- bzw. Umweltfußabdruckes die sich zum Teil bereits in vielen Anleitungen zu Produkten befinden, sind Teil des DPP.

Anforderungen an den DPP in der Ökodesign-Verordnung

Im Kapitel 3 (Artikel 9 bis 15) der Ökodesign-Verordnung finden sich umfangreiche Anforderungen an den DPP. In der Verordnung geht es weniger um den Inhalt des DPP als um die Art der Bereitstellung und Verantwortlichkeiten. Diese im Detail zu erläutern, würde den Rahmen des Blogs sprengen. Da in den Artikeln Anforderungen stehen, die Interpretationsspielraum lassen, sollte hoffentlich zeitnah ein Leitfaden zur Verordnung publiziert werden, um mehr Klarheit zu den einzelnen Punkten zu geben.

Relevanz für die Technische Redaktion

Im Anhang III der Verordnung finden sich Vorgaben zum Inhalt des DPP. Besonders der Punkt f klingt aus Sicht der Technischen Redaktion interessant. Hier werden folgende Informationen gefordert:

  • Benutzerhandbücher
  • Gebrauchsanleitungen
  • Warn- oder Sicherheitshinweise gemäß anderem für das Produkt geltenden Unionsrecht (sprich weitere EU-Richtlinien)

Das ist aber nur ein kleiner Teil aller geforderten Informationen. Der Rest sind Warencodes, Produktkennzeichnungen, Herstellerinformationen entlang der Lieferkette usw.

Herausforderungen bei der Umsetzung des DPP

Ob man die Menge an Fremddaten in einem Redaktionssystem aufnehmen will, um aus dem ganzen einen DPP zu erstellen, muss im Einzelfall geklärt werden. Je nach Informationsfluss und Strukturen im Unternehmen könnte das ein Thema für die Technische Dokumentation werden. Das wäre dann der Zeitpunkt, um zu klären, ob man die Aufgaben mit den bestehenden Mitarbeitern bewältigen kann oder ob die Technische Redaktion wachsen muss.

Tools und Systeme für die Umsetzung des DPP

Aktuell werben auch schon einige Hersteller von PIM- und ERP-Systemen damit, dass „ihre“ Systeme am besten geeignet sind, einen DPP abzubilden und zu publizieren. Evtl. könnten auch Systeme, wie z. B. CDP (Content Delivery Portal) oder Redaktionssysteme in Frage kommen. Vieles ist in der konkreten Umsetzung noch unklar, sodass es zum jetzigen Zeitpunkt schwierig ist, eine Aussage zu machen, wie und mit welchen Werkzeugen der DPP am effektivsten erstellt werden kann.

Auch normativ gibt es zurzeit noch keine Vorgaben, die bei der Entscheidung bzw. Umsetzung helfen könnten. Es gibt einen Normungsauftrag der EU, aber ein Ergebnis liegt zurzeit noch nicht vor.

Pilotprojekt: Der Digitale Batteriepass

Wer sich schon mit dem Thema auseinandersetzen möchte, kann sich ein Pilotprojekt aus dem Automobilbereich anschauen. Aktuell läuft ein Projekt für Batterien. Dort soll der sogenannte „Digitale Batteriepass“ entstehen. Die Zielsetzung ist nahezu identisch mit dem DPP. Laut Projektdefinition soll es um die „Umsetzung einer neuen Generation digitaler Produkthandhabung“ gehen.

Fazit: Wege zur Implementierung des DPP

Anhand der aktuellen Informationslage ist die Herausforderung, den DPP umzusetzen, nicht zu unterschätzen. Deswegen stellt sich die Frage, wie man den DPP im Unternehmen so umsetzt, dass möglichst wenig neue Ressourcen (Personal und Technik) gebraucht werden.

Wie so oft führen viele Wege nach Rom. Welcher der Beste ist, lässt sich zurzeit allgemeingültig nicht beantworten. Aktuell bleibt nur die Möglichkeit, sich laufend über die Entwicklung zu informieren und dann zu entscheiden, wie die Umsetzung erfolgen soll. Denn die Zeit drückt. Die Ökodesign-Verordnung 2024/1781 wurde im Juni 2024 veröffentlicht und tritt in diesem Monat in Kraft.

Für technische Produkte ist noch etwas Zeit. Als erstes soll der DPP für Textilien bis 2027 umgesetzt werden. Danach folgen weitere Produktgruppen.