Zwei Sichten auf die berufsbegleitende Ausbildung
Hier berichten Anja Schiel, Volontärin bei der parson AG, und Ulrike Parson, CEO bei parson, über ihre Sicht des Volontariats für die Technische Redaktion. Die parson AG ist ein Dienstleistungsunternehmen für Technische Kommunikation und Dokumentationstechnologie in Hamburg und Berlin.
Aus der Sicht der Volontärin
Ich bin seit Februar 2018 als Volontärin bei parson. Das bedeutet, dass ich nicht nur arbeite, sondern zusätzlich eine Ausbildung absolviere, die mir – über den Berufsalltag hinaus – das notwendige Handwerkzeug vermittelt.
Beruflich einen Neuanfang wagen
Wie viele Technische Redakteure habe auch ich als Quereinsteiger begonnen. Ich habe einen geisteswissenschaftlichen und sprachlichen Hintergrund: Ich habe Sprachen und Literatur studiert und viele Jahre als technische Übersetzerin für Englisch und Deutsch gearbeitet. Irgendwann wollte ich mich neu orientieren. Etwas anderes machen. Der Gedanke, noch einmal die Schulbank zu drücken, gefiel mir, aber ich wollte nicht wieder ganz von vorn anfangen. Der Beruf des Technischen Redakteurs schien naheliegend. Schon oft hatte ich mich gefragt, ob es nicht Spaß machen würde, technische Dokumentation selbst zu schreiben statt sie zu übersetzen. Und der Beruf baut zumindest teilweise auf dem auf, was ich bisher gemacht habe.
Im sprachlichen Bereich bringe ich einiges mit, was ich in meinem neuen Beruf brauche. Ich bin zum Beispiel sehr froh, dass Englisch in meinem Berufsalltag bei parson so wichtig ist. Außerdem liegt mir die Ausrichtung auf IT-Projekte, die auch in meiner Übersetzer-Laufbahn eine große Rolle gespielt haben. Hier kann ich anknüpfen. Dagegen gibt es beim XML-basierten Schreiben und der Arbeit mit Redaktionssystemen noch viele Lücken. Im Gegensatz zu einem direkten Berufseinstieg gibt mir das Volontariat die Möglichkeit, das Handwerkszeug des Technischen Redakteurs nicht nur projektbezogen, sondern auch allgemein von Grund auf zu erlernen und alle Lücken zu füllen. Das war mir wichtig.
Theorie und Praxis Hand in Hand
Eine große Rolle spielt die Verbindung von Theorie und Praxis. Ich bin praktisch veranlagt, und durch das Volontariat bekomme ich die Möglichkeit, neu Erlerntes direkt im Berufsalltag zu erproben. Neu erworbenes Wissen bleibt nicht theoretisch. So erschließt sich der Sinn der theoretischen Module meiner Ausbildung schneller und das Wissen bleibt besser hängen. Eine Lektion zur richtigen Verwendung und Platzierung von Sicherheits- und Warnhinweisen zum Beispiel lässt sich noch besser nachvollziehen, wenn man diese im Arbeitsalltag in einer Anleitung wiederfindet. Auf der anderen Seite erhalte ich zu den Werkzeugen, die ich im Arbeitsalltag verwende, in den begleitenden Ausbildungselementen zusätzlich wertvolle Informationen. Und wenn ich einmal Schwierigkeiten mit dem Lernstoff habe, hilft nicht nur mein Mentor gern weiter: Unter meinen neuen Kollegen gibt es immer jemanden, der sich mit den Ausbildungsthemen auskennt.
Eine Entscheidung mit Zukunft
In den nächsten zwei Jahren werde ich viel arbeiten. Ich bin sicher, dass das nicht immer einfach sein wird. Aber ich werde sehr viel lernen und einen Einblick in alle Aspekte des Berufs des Technischen Redakteurs erhalten. Meine Kollegen unterstützen mich dabei.
Und die Reise wird in zwei Jahren nicht beendet sein. Bei parson wird nicht nur die Ausbildung, sondern auch die Weiterbildung von Technischen Redakteuren sehr ernst genommen. Es gibt regelmäßige Schulungsangebote und neben den Kundenprojekten auch interne Forschungsprojekte. Man kann sein eigenes Spezialgebiet finden und sich weiterentwickeln. Das Volontariat bei tecteam in Kombination mit meiner Arbeit bei parson gibt mir die ideale Grundlage und vermittelt Wissen, auf dem ich weiter aufbauen kann.
Aus der Sicht der Geschäftsführung des ausbildenden Unternehmens
Wir haben 2016 begonnen, das Volontariat für Technische Redaktion in unserem Unternehmen anzubieten. Die erste Kollegin hat Ende 2017 erfolgreich die Ausbildung abgeschlossen. Dieser Erfolg hat uns ermutigt, diese Art von Ausbildung als festen Bestandteil unseres Recruitments zu etablieren.
Ideale Unterstützung für Quereinsteiger
Technische Dokumentation ist immer noch ein Quereinsteiger-Beruf. Wir haben mit Quereinsteigern aus geistes- und naturwissenschaftlichen Disziplinen sehr gute Erfahrungen gemacht. Sie machen bei uns die Mehrheit der Kollegen aus. Quereinsteiger entscheiden sich bewusst für den Beruf des Technischen Redakteurs und bringen zudem oft wertvolle Fachkenntnisse und Berufserfahrungen aus anderen Zweigen mit. Bei uns tummeln sich Kollegen mit Abschlüssen in Romanistik, Skandinavistik, Übersetzungswissenschaften, Theologie oder Physik. Und natürlich steigt der Anteil studierter Technischer Redakteure. Eine tolle Mischung, die unsere interdisziplinäre Arbeitsweise treibt.
Für Quereinsteiger mit Berufserfahrung ist es wichtig, schnell in das neue Berufsfeld einzusteigen. Meist können sie es sich nicht leisten, komplett aufs Gehalt zu verzichten und nochmal einen Universitätsabschluss, z. B. einen Master in Technischer Kommunikation, abzulegen. Das Volontariat bietet die Möglichkeit, die Ausbildung mit einem festen Grundgehalt über ein Unternehmen zu finanzieren.
Jeder Technische Redakteur bei parson benötigt einen ganzen Stapel von Kenntnissen und Fähigkeiten:
- Grundlagen der Technischen Redaktion wie Strukturieren und Standardisieren, rechtliche Anforderungen an Dokumentation, Grafikgestaltung, Terminologiemanagement, Schreibregeln, Zielgruppenanalyse und Recherche
- Technisches Englisch
- XML-basiertes Schreiben und Arbeiten in Redaktionssystemen
- Werkzeuge und Methoden der Software-Entwicklung
- Software- und Online-Dokumentation
- Agiles Projektmanagement
Mit der Ausbildung bei tecteam werden fundierte Kenntnisse in vielen Bereichen vermittelt, gerade in den Bereichen Grundlagen der Technischen Redaktion und XML-basiertes Schreiben. Auf dieser Basis können wir die unternehmensspezifischen Ausbildungsinhalte aufsetzen, z. B. Software-Dokumentation, DITA und agiles Projektmanagement. So reduziert sich der interne Ausbildungsaufwand erheblich.
Jeder neue parson-Mitarbeiter bekommt einen festen Ansprechpartner und Mentor im Unternehmen zur Seite gestellt. Dieser Mentor überwacht den Fortschritt der Ausbildung und die Verzahnung der internen Weiterbildung mit den Kursen bei tecteam. Ein großer Vorteil ist, dass auch für die Diskussion der Arbeitsergebnisse für die tecteam-Ausbildung immer ein kompetenter Ansprechpartner verfügbar ist, der sich z. B. die erstellte Persona oder Terminologieliste ansieht und Feedback gibt.
Verbindung von praktischer Arbeit und Ausbildung
Besonders schätze ich die Verknüpfung der Ausbildung mit der täglichen Arbeit des Technischen Redakteurs. Volontäre bekommen bei uns Zeit für die Ausbildung, einen Teil ihrer Arbeitszeit werden sie dafür freigestellt. In der restlichen Zeit stehen sie dem Unternehmen zur Verfügung und können entsprechend ihren Kenntnissen und Fähigkeiten in Kundenprojekten eingesetzt werden. Das hat aus meiner Sicht drei entscheidende Vorteile:
- Der Volontär oder die Volontärin kann das Gelernte aus der Ausbildung praktisch erproben, einsetzen und üben. Wissen entsteht genau durch diese Kombination von Theorie und Praxis.
- Das Unternehmen lernt den Mitarbeiter kennen – wie arbeitet er oder sie, wie holt er oder sie sich Feedback ein, wie ist der Umgang mit Kunden und Kollegen?
- Der Volontär oder die Volontärin verdient Geld in Kundenprojekten.
Viele der Projekte, die parson im Bereich Technische Dokumentation realisiert, verbinden Softwaredokumentation mit agilem Projektmanagement. Oft arbeiten wir sehr verzahnt mit der Entwicklung und benutzen deren Tool- und Methodenlandschaft. Aus diesem Grunde ist es für uns oft gar nicht einfach, geeignete Einsteigerprojekte für Volontäre zu finden, die einen sanften Einstieg in unser komplexes Berufsfeld bieten. Diese Herausforderung wird allerdings jetzt besser geschultert, da unsere selbstgesteuerten Teams aktiver in das Recruitment involviert sind. Sie legen von vornherein fest, ob es in ihrem Projekt die Möglichkeit gibt, einen Volontär einzusetzen, oder schaffen entsprechende Einsatzmöglichkeiten in Abstimmung mit dem Kunden.
Schwerwiegende Entscheidung
Die Entscheidung für einen Volontär ist bindend. Nach einer relativ kurzen Probezeit beginnt die Ausbildungsverpflichtung für das Unternehmen. Die nehmen wir sehr ernst.
Aus Unternehmenssicht ist es deshalb eine sehr schwerwiegende Entscheidung, den Ausbildungsvertrag zu schließen. Das Volontärsgehalt liegt unter dem durchschnittlichen Gehalt eines Technischen Redakteurs, aber das Unternehmen trägt neben den Ausbildungskosten auch Reise- und Übernachtungskosten für die Präsenzveranstaltungen und stimmt die Ausbildungserfordernisse mit den Projekten ab. Für die innerbetriebliche Ausbildung fallen zusätzliche Aufwände an.
Der Volontär auf der anderen Seite bindet sich für zwei Jahre an ein Unternehmen und nimmt die Mühen einer berufsbegleitenden Weiterbildung auf sich. Neben den Projekten eines Dienstleisters kann das viel Kraft kosten.
Aus meiner Sicht kann es deshalb von Vorteil sein, wenn sich beide Seiten vor Abschluss des Ausbildungsvertrags eine angemessene Kennenlernphase gönnen. Die stellt sicher, dass das Berufsfeld passt und sich die Investition für beide Seiten lohnt. Besonders bei Quereinsteigern, die bislang noch keine Berührungspunkte mit Technischer Redaktion hatten, halte ich das für sinnvoll. Eine Möglichkeit stellt hier ein bezahltes Orientierungspraktikum dar. Hier stellt sich dieselbe Herausforderung wie im Volontariat: Wir müssen geeignete Aufgaben finden, die dem Kenntnisstand des Praktikanten entsprechen und einen realistischen Einblick in unseren Beruf ermöglichen. Außerdem müssen Ressourcen für eine angemessene Betreuung zur Verfügung stehen. Deshalb begrenzen wir die Zahl der Praktikumsplätze. Nur so können wir sicherstellen, dass nach dem Praktikum eine fundierte Entscheidung über die Ausbildung getroffen werden kann.
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