Die Arbeit mit Redaktionssystemen (oder auch Component Content Management Systemen, kurz: CCMS) wird häufig abfällig als „industrialisierte Textproduktion“ bezeichnet. Wie bei Industrieprodukten, die zwar praktisch sind, aber in einem langweiligen und lieblosen Design daherkommen, wird Dokumenten aus einem CCMS nachgesagt, dass sie in einem „Einheits-Look“ auf die Seiten gequetscht werden, um möglichst viel Papier zu sparen. Doch entspricht dieses Bild überhaupt der Realität? Mit einem modernen CCMS können Technische RedakteurInnen ihre Texte durchaus ansprechend formatieren (lassen). In diesem Blog-Beitrag gehen wir einmal der Frage auf den Grund, wie eigentlich ein Layout für Dokumente aus einem CCMS entsteht.
In vielen Projekten zur Einführung eines CCMS bestehen zunächst Vorbehalte, weil Texte erstellt werden sollen, ohne sie sofort im Layout sehen zu können. Schon beim Blick in die Layout-Vorschau oder spätestens bei der Produktion der neu erstellten Inhalte wird dann trotz der Freude über den Erfolg sofort klar, dass das Ergebnis recht ungewohnt und noch nicht wie gewünscht aussieht.
Das mitgelieferte Standard-Layout entspricht häufig in vielen Punkten nicht den Vorstellungen der Redakteure. Vom Firmenlogo des Systemherstellers auf den einzelnen Seiten einmal abgesehen, entsprechen Satzspiegel, Schriftarten, Tabellenformatierung und viele weitere Elemente nicht den Wünschen oder Vorgaben des Unternehmens oder der jeweiligen Redaktion. Kurzum: Das Layout der Dokumente muss möglichst schnell an die Ansprüche und Anforderungen angepasst werden. Nur – wie geht das?
Wie entsteht aus den Inhalten eines CCMS ein fertig formatiertes Dokument?
Der Benutzer eines CCMS löst die Produktion eines Dokumentes durch einen Knopfdruck oder das Ausfüllen eines Dialogs aus. Das Layout, in dem das Dokument erstellt wird, kann meist aus mehreren für unterschiedliche Dokumenttypen verwendeten Layout-Vorlagen ausgewählt werden, muss aber grundsätzlich bereits im System hinterlegt sein. Der Technische Redakteur hat üblicherweise mit dem Layout der Dokumente nichts zu tun.
Die interne technische Umsetzung variiert von System zu System. Bei allen XML-basierten CCMS erfolgt die Erzeugung von formatierten Dokumenten mithilfe von XML-Technologien wie XPath, XSLT und XSL-FO. Dabei werden die Inhalte des Dokuments durchlaufen und der Text wird gemäß seiner XML-Auszeichnung platziert (z. B. linksbündig, Blocksatz, rechtsbündig) und gestaltet (z. B. Schriftart, -größe und -farbe).
Auf diese Weise können bei Bedarf auch inhaltsgleiche Dokumente in unterschiedlichen Ausgabeformaten und für unterschiedliche Zwecke erzeugt werden, z. B. ein PDF-Dokument zum Herunterladen und HTML-Dateien zum Lesen am Bildschirm.
Was wird in einer Layout-Vorlage festgelegt?
In einer Layout-Vorlage werden (einerseits) Regeln für die Platzierung der Texte und Abbildungen auf der Seite und (andererseits) für die Gestaltung der Texte und Abbildungen hinterlegt. Grundsätzlich muss man also zwischen zwei Arten von Layout-Informationen unterscheiden:
- Seitenlayout
- Inhaltslayout
Das Seitenlayout wird weitgehend unabhängig von den Inhalten definiert. Im Seitenlayout wird geregelt, wie breit die Seitenränder sind, wie viele Spalten eine Seite enthalten soll, ob es eine Marginalspalte gibt und welche Informationen die Kopf- und Fußzeilen enthalten. Auch die Abfolge unterschiedlich aufgebauter Seiten im Dokument (z. B. Titelseite, Inhaltsverzeichnis, Inhaltsseiten, Abbildungsverzeichnis, Index) ist Teil der Definitionen des Seitenlayouts.
Der Redakteur erfasst in seiner täglichen Arbeit die Inhalte und strukturiert diese in den XML-Elementen, die die DTD des CCMS vorgibt. Dabei kann der Redakteur das Layout nur in begrenztem Umfang beeinflussen, z. B. durch das Einfügen von Zeilen- oder Seitenumbrüchen und das Ändern von Tabellenspaltenbreiten. Jedes Dokument in einem XML-basierten CCMS setzt sich also aus einer Folge von Texten zusammen, die mit bestimmten XML-Tags (z. B. Listenelement, Zelleninhalt einer Tabelle oder Absatz mit einer Handlungsaufforderung) ausgezeichnet sind. Für jede dieser Auszeichnungen werden in der Layout-Vorlage Layout-Informationen (z. B. Schriftart, -farbe, Ausrichtung, etc.) festgelegt.
Aus diesen Informationen ergibt sich, dass bei der Definition einer Layout-Vorlage nur Festlegungen für die Elemente getroffen werden können, die anhand der DTD klar identifizierbar sind. Das heißt, wenn es in der DTD nur ein Element „table“ gibt, das keine weiteren Attribute zur Unterscheidung unterschiedlicher Tabellenarten haben kann, dann sehen alle Tabellen in einem Dokument gleich aus. Bei der Festlegung von Regeln für die Layout-Vorlage muss beachtet werden, dass einerseits alle Texte, die gleich ausgezeichnet sind, gleich formatiert werden, und dass andererseits für jede Auszeichnung Formatierungsregeln definiert werden müssen.
Doch diese Einschränkung bedeutet in aller Regel nicht, dass bestimmte Wünsche für ein Layout nicht umgesetzt werden können. Grundsätzlich können Layouts mit gängigen CCMS genauso anspruchsvoll gestaltet werden wie mit vielen DTP-Programmen – wenn nicht sogar noch raffinierter. Denn es können auch fallweise oder abhängige Regeln definiert werden. Man könnte z. B. festlegen, dass zwischen einer Abbildung und dem darauf folgenden Bildtitel in der Regel kein Seitenumbruch erfolgen darf, es sei denn, die Abbildung ist vom Typ „ganzseitig“. Man könnte einen beliebigen Absatz unterschiedlich formatieren, je nach dem, ob er in einer Tabelle steht oder nicht, ob ihm ein bestimmtes Element vorausgeht oder folgt. Man kann z. B. auch entscheiden, dass Tabellentitel, die bisher über den Tabellen stehen, nun unter den Tabellen erscheinen sollen – wohlgemerkt ohne eine einzige Tabelle bearbeiten zu müssen.
Was sich in klaren Regeln definieren lässt, kann in aller Regel auch in einem Layout für ein CCMS umgesetzt werden. Allerdings kann es bei speziellen Anforderungen an das Layout technisch schon deutlich aufwendiger werden, die Layout-Vorlage zu definieren. Deshalb beschäftigen wir uns im folgenden Abschnitt einmal etwas näher mit der Erstellung von Layout-Vorlagen.
Wie werden Layout-Vorlagen konkret erstellt?
Die Erstellung oder Anpassung eines Layouts mithilfe von XML-Technologien wie XPath, XSLT und XSL-FO ist eher eine Aufgabe für Profis. Wenn man bei der Erstellung einer Layout-Vorlage mit reinem XSLT (eXtended Stylesheet Language Transformation) arbeiten muss, so muss man ein Computerprogramm schreiben, das das XML-Dokument vollständig durchläuft und jeden Inhalt anhand der definierten Regeln formatiert. Dazu ist Programmiererfahrung erforderlich und die Erstellung eines solchen Programms ist nicht jedermanns Sache.
Einige Systemhersteller bieten daher auch eine Alternative, die es dem Kunden ermöglicht, auch ohne Programmiererfahrung Anpassungen des Standard-Layouts durchzuführen. Als Beispiel möchte ich Ihnen hier einmal den Page Layout Designer (PLD) von SCHEMA ST4 vorstellen.
Abb: Überblick PLD
Im linken, oberen Teil des abgebildeten Fensters ist erkennbar, dass auch in diesem Hilfswerkzeug zwischen Seitenlayout und Inhaltslayout unterschieden wird. Wenn man sich im Inhaltslayout bis zu einem konkreten Objekt durchklickt, kann man die Einstellungen für dieses Objekt im Eigenschaften-Fenster rechts unten ändern. Um die Änderung zu kontrollieren, wird in der Mitte eine Layout-Vorschau mit Inhalten aus einem zuvor gewählten Projekt angezeigt.
Im Seitenlayout können Objekte wie das Firmenlogo eingefügt und auf der Seite über die Eingabe der X- und Y-Koordinaten und durch Angabe der Breite und Höhe positioniert werden. Auch dynamische Elemente wie die jeweiligen Kapiteltitel, Seitenzahlen oder das Datum können z. B. in Kopf- und Fußzeilen eingefügt werden. Auf diese Weise kann man nach einer speziellen Schulung einfache Änderungen der Layout-Vorlage selbst durchführen.
Abb: Auswahl eines Objekts mittels XPath
Neben diesen einfachen Änderungen gibt es aber auch fortgeschrittene Automatisierungsmöglichkeiten, die mithilfe des PLD umgesetzt werden können. So kann z. B. anhand der Informationsart eines Objekts, die bei der Erfassung ausgewählt wird, ein verändertes Layout (z. B. mit einer abweichenden Seiteneinteilung oder eine Tabellenformatierung mit Hintergrundfärbung) ausgelöst werden. Allerdings ist es für diese fortgeschrittenen Möglichkeiten zur Auswahl der richtigen Objekte erforderlich, mit XPath-Ausdrücken zu arbeiten. Außerdem ist es erforderlich, dass das System entsprechend eingerichtet wird, indem z. B. ein Administrator die erforderlichen Informationsarten, oder sonstige Metadaten anlegt. Diese neu angelegten Unterscheidungshilfen müssen dann noch den betreffenden Textstellen zugewiesen werden.
Wie der Name schon sagt, ist der Page Layout Designer für die Formatierung von Druckdokumenten vorgesehen. Für Online-Dokumente gibt es in SCHEMA ein weiteres Werkzeug, das hauptsächlich auf die Erstellung von HTML-Seiten ausgerichtet ist, den Online Media Designer (OMD). Mit einer OMD-Layout-Vorlage können die Inhalte des CCMS in HTML-Seiten oder andere Arten von Online-Dokumenten produziert werden. Wer mit dem OMD arbeiten will, benötigt ebenfalls Kenntnisse der XML-Technologien sowie zusätzlich Kenntnisse der Web-Technologien wie z. B. Bootstrap.
Wer erstellt eine Layout-Vorlage für die Arbeit im CCMS?
In der Regel gibt es drei Personengruppen, die Layout-Vorlagen erstellen können:
- Mitarbeiter des Systemherstellers
- spezialisierte Dienstleister
- speziell ausgebildete Mitarbeiter des Redaktionsteams (z. B. Fachadministratoren)
Das klassische Vorgehen war meist so, dass der CCMS-Kunde die Erstellung oder Anpassung einer Layout-Vorlage direkt bei dem jeweiligen Systemhersteller in Auftrag gab. Durch die steigende Zahl an CCMS-Kunden wurde die Erstellung von Layouts in den vergangenen Jahren allerdings für die Systemhersteller zu einer immer größeren zeitlichen und personellen Herausforderung. Für die Kunden eines Systemherstellers bedeutet das, dass sie teilweise mehrere Monate auf eine neue Layout-Vorlage warten mussten oder müssen. Außerdem stellen viele Unternehmen, die ein CCMS einsetzen, fest, dass ein neues Layout oder Layout-Änderungen doch häufiger erforderlich sind, als zunächst angenommen. Diese Lösung ist also für beide Seiten – Systemhersteller und Redaktionsteams – häufig unbefriedigend.
In Konzernen mit sehr großen Redaktionsteams gibt es häufig sogenannte Fachadministratoren, die sich ausschließlich mit Administrationsaufgaben des CCMS beschäftigen. Ein solcher Fachadministrator arbeitet sich dann typischerweise auch in die Layout-Erstellung für das verwendete CCMS ein. Für kleine Redaktionsteams bis hin zu Ein-Personen-Redaktionsabteilungen – die auch mit großem Nutzen ein CCMS einsetzen können – ist es meist keine Alternative, dass sich einer der Kollegen in die Erstellung von Layout-Vorlagen einarbeitet. Einerseits übt dieser Mitarbeiter die speziell gelernten Kenntnisse zu selten. Andererseits fehlt häufig genau dann, wenn man eine Layout-Vorlage benötigt, die Zeit zur Erstellung, da das Tagesgeschäft vorgeht.
Da die Erstellung von Layout-Vorlagen keine alltägliche Aufgabe innerhalb einer Redaktionsabteilung ist, bietet es sich an, diese Tätigkeit an einen Dienstleister zu vergeben. Die Mitarbeiter, die sich bei einem Dienstleister mit der Erstellung von Layout-Vorlagen beschäftigen, arbeiten regelmäßig auf diesem Gebiet und bringen mehr Erfahrung mit, als ein Redakteur, der sich nur selten mit dieser Aufgabe beschäftigt. Außerdem wird so der Ablauf des Tagesgeschäfts nicht gestört. Natürlich entstehen bei der Vergabe an einen Dienstleister Kosten, aber die Zeit eines internen Mitarbeiters kostet ebenfalls und für eine Aufgabe, mit der man sich nicht gut auskennt, benötigt man länger als jemand, der diese Aufgabe regelmäßig erfüllt.
Fazit
Die Inhalte, die aus einem CCMS erzeugt werden, müssen keinesfalls einfallslos aussehen und man muss an den Formatierungen auch nicht das zur Produktion verwendete System erkennen. Für die Anpassung von Layout-Vorlagen sind nicht mehr unbedingt Programmierkenntnisse erforderlich, sodass – mit einer gewissen Einarbeitung in die Layout-Gestaltung des jeweiligen CCMS – zumindest kleinere Layout-Änderungen durchaus selbst vorgenommen werden können. Auch aufwendigere, aber durch klare Regeln definierbare Layout-Wünsche sind durchaus umsetzbar, allerdings kann es sich dafür anbieten, einen Fachmann/eine Fachfrau zu beauftragen, der/die sich mit den erforderlichen Techniken gut auskennt. Insgesamt lässt sich also sagen, dass CCMS und Layout keine zwei Welten sind. Die Formatierung der Inhalte steht im Gegensatz zu der klassischen Arbeit mit einem DTP-Programm nun nicht mehr im Vordergrund, sondern sie wird ausgelagert. Der Technische Redakteur kann seine Zeit so den Inhalten und der Struktur widmen, statt sich mit einfachen Satzarbeiten zu beschäftigen.
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