Diese drei Dinge gehören untrennbar zusammen … aber die Reihenfolge in der Überschrift sollte nicht der Standard sein. Denn an erster Stelle darf nicht das Tool stehen, sondern der Arbeitsprozess. Wenn dieser allen Beteiligten klar ist, kann man über eventuell nötige und mögliche Optimierungen sprechen. Und anschließend überlegen, an welchen Stellen zweckmäßig ein Tool unterstützend eingesetzt wird.

„Tool-Einsatz bzw. Automatisierung bedeutet, Entscheidungen am Anfang des Prozesses zu treffen.“ Diesen – wie ich finde – sehr wertvollen Satz habe ich vor einigen Jahren in einem tekom-Vortrag gehört. Die Kernaussage: Das Know-how der Menschen wird gebraucht – ob mit oder ohne Tool!
Die Tool-Gläubigkeit in Unternehmen – auch in Technischen Redaktionen – ist weiterhin ungebrochen. Schnell wird ein ROI (Return of Investment) gerechnet, das Management ist von den Zahlen beeindruckt und stimmt der Anschaffung zu. Und schon ist das Tool im Haus.

… dann die Überraschung

Aber einfach „out of the box“ funktioniert es selten. Bestehende Software- und IT-Landschaften, in welche die neue Lösung eingebunden werden muss, sind zu beachten. Dieser Aufwand wird aber bei der ROI-Berechnung im Allgemeinen nicht betrachtet, obwohl es dafür nicht selten Mannwochen oder Mannmonate braucht. Und der meines Erachtens weitaus größere Faktor: die Mitarbeiter, die immer wieder vom Nutzen des neuen Tools überzeugt werden müssen, da sie ja bei der Auswahl nicht eingebunden waren. Nicht, dass man diejenigen, die damit arbeiten sollen, gefragt hätte, wie denn das optimale Tool aussähe. Und wenn man schon mit den Mitarbeitern reden würde, wäre das eine gute Gelegenheit gewesen, sich den (Arbeits-)Prozess anzuschauen und direkt zu erfahren, wie es läuft – und zwar von denen, die täglich in diesem Ablauf arbeiten!

Hier könnten mehrere Fliegen mit einer Klappe erwischt werden: Prozessaufnahme, Verständnis für die Sorgen der Mitarbeiter, gemeinsame Lösungsfindung. Und durch die intensive Kommunikation wäre auch ein wichtiger Teil im Change Management beachtet worden: Hintergründe erklären, Mitarbeiter und Kollegen auf die Reise mitnehmen und immer wieder kommunizieren, kommunizieren, kommunizieren, …

Besser so …

Weil mitunter neue Tools einen – zum Teil – anderen Prozess erfordern, schauen sich Mitarbeiter und Führungskräfte vorher den Ist-Zustand des Arbeitsablaufs gemeinsam an und machen zusammen ausfindig, wo Schwachstellen und damit mögliche bzw. typische Optimierungspotentiale vorhanden sind, z. B.:

  • unklare Schnittstellen und Zuständigkeiten
  • Liege- und Wartezeiten
  • Engpässe im Projektablauf (unklare bzw. unzureichende Kommunikation)
  • (unnötige) Tool- und System-Übergänge

Diese Zeit vor der Toolauswahl zu investieren, hat mehrere Vorteile:

  • Man verschafft sich Klarheit über Abläufe.
  • Man kann dabei Optimierungen direkt umsetzen (einfach zu erreichende Ziele).
  • Der zweitwichtigste Punkt: Man führt sich gemeinsam vor Augen, was man wann wie tut – eine Grundvoraussetzung, um den gewünschten Arbeitsablauf im Tool abzubilden und effektiv sowie effizient mit diesem Tool arbeiten zu können.
  • Und der aus meiner Sicht wichtigste Punkt: Man hat die Mitarbeiter eingebunden. Sie wurden gehört, haben mitgewirkt und (hoffentlich) auch verstanden, warum manche Dinge sich nicht umsetzen lassen (Aufwand vs. Nutzen).

Gleiche Dauer, aber „versteckter“ Nutzen

Eine Tooleinführung dauert immer eine Zeit „X“. Man kann entweder schnell einführen und dann lange für die Anpassung brauchen oder man investiert die Zeit vorher und profitiert dann von einer kürzeren Anpassung nach der Tooleinführung. Der Zielzeitpunkt der produktiven Nutzung bleibt aus meiner Erfahrung ungefähr gleich. Aber bei der Variante „Mitarbeiter einbinden, Prozess prüfen“ ist der Vorteil, dass die Nutzer bzw. Mitarbeiter zufriedener sind. Und hier liegt meines Erachtens der (nicht nur bzgl. ROI-Zahlen) große, aber versteckte Nutzen.