Die Verständlichkeit eines Textes wird erleichtert oder erschwert durch das Zusammenwirken unterschiedlichster Faktoren. Mit der Zielsetzung sich verständlich auszudrücken, könnte ein Autor jeweils empirische Untersuchungen durchführen, um die Verständlichkeit seines Textes zu ermitteln und zu verbessern. Diese Vorgehensweise wäre allerdings viel zu aufwändig und zu teuer.

Was tun?

Die Idee des Hamburger Verständlichkeitsmodells

Das Hamburger Verständlichkeitsmodell wurde entwickelt von den wissenschaftlichen Autoren Inghard Langer, Friedemann Schulz von Thun und Reinhard Tausch.

Die Begründer des Hamburger Verständlichkeitsmodells haben die Verständlichkeit von Texten wissenschaftlich untersucht. Dabei hat sich ergeben, dass

  • es nur ein paar wenige Faktoren sind, die einen wesentlichen Einfluss auf die Verständlichkeit von Texten haben und
  • unabhängig von Vorbildung, Intelligenz und anderen individuellen Eigenschaften profitieren alle Leser von Texten, die hinsichtlich der Verständlichkeit optimiert wurden.

Die Autoren haben anhand ihrer Forschungsergebnisse eine einfache Vorgehensweise entwickelt, die es ermöglicht die Textverständlichkeit zu erhöhen. Dabei sollen subjektive Einschätzungen objektiviert werden.

Texte verständlicher machen

Die Textverständlichkeit wird anhand von Schätzurteilen auf einer fünfstufigen Skala bewertet. Durch iterative Annäherung an die optimale Bewertung wird die Textverständlichkeit erhöht.

Bewertungskriterium ++ + 0 –– optimale Bewertung
Einfachheit ++
Gliederung ++
Länge +, 0
anregende Zusätze +, 0

Der Text wird anhand folgender Fragen bewertet.

  1. Ist der Text einfach geschrieben?
    • Einfache, kurze Sätze
    • geläufige Wörter
    • Fachwörter erklärt
    • konkret, anschaulich
  2. Unterstützt die Gliederung das Lesen?
    • Gegliedert
    • Folgerichtig, übersichtlich
    • Gute Unterscheidung wesentlich/unwesentlich
    • Roter Faden sichtbar
  3. Hat der Text die richtige Länge?
    • Zu kurz <–> zu lang
    • Nur Wesentliches <–> viel Unwesentliches
    • Gedrängt <–> breit
    • Aufs Ziel konzentriert <–> abschweifend
  4. Enthält der Text anregende Zusätze (Beispiel u. a.)?
    • Anregend <–> nüchtern
    • Interessant <–> langweilig
    • Abwechslungsreich <–> neutral
    • Persönlich <–> unpersönlich

Die optimale Bewertung in Worten

Ein verständlich geschriebener Text ist

  1. sehr einfach geschrieben,
  2. sehr klar gegliedert,
  3. kurz, aber nicht zu kurz,
  4. mit einigen anregenden Zusätzen (Beispiel u. a.) versehen.

Zusammenfassung der Forschungsergebnisse

  • Die vier Kriterien („Verständlichmacher“) sind entscheidend für das Verständnis.
  • Gute Texte haben hohe Werte in Einfachheit, Gliederung (Ordnung) und Kürze (Prägnanz).
  • Anregende Zusätze wirken sich dann verständnisfördernd aus, wenn der Text gleichzeitig gut gegliedert ist.
  • Anregende Zusätze behindern die Verständlichkeit auch bei großer Einfachheit, wenn der Text schlecht gegliedert und zu weitschweifig ist.
  • Texte, denen es an Einfachheit mangelt sind immer schwer verständlich.
  • Die vier Kriterien („Verständlichmacher“) sind allgemeingültig für alle Lesergruppen. Unabhängig von Intelligenz und Bildung profitieren alle Leser von Texten, die hinsichtlich der Verständlichkeit optimiert sind.
  • Im Durchschnitt werden 50 % mehr Informationen durch optimierte Texte aufgenommen.
  • Bei vielen optimierten Texten zeigt sich ein höherer Lesespaß.
  • Die vier Kriterien („Verständlichmacher“) sind allgemeingültig für alle Arten von Sachtexten, Verträgen und wissenschaftlichen Texten.

(Literatur: „Sich verständlich ausdrücken“, Langer, Schulz von Thun & Tausch)