Aus dem Nähkästchen eines ehemaligen Studierenden geplaudert… Ich möchte mit diesem Blogeintrag einen Einblick in meine M.Sc.-Studienzeit geben und vielleicht dem einen oder anderen Kommilitonen einen kleinen Motivationsschub für das eigene Studium verschaffen. Über Feedback oder Kommentare würde ich mich sehr freuen.
Der Anfang ist einfacher als gedacht
An einer berufsbegleitenden akademischen Fortbildung teilzunehmen, kostet viele Studierende bereits vor der Anmeldung große Überwindung. Ohne die Erfahrung aus einem vorangegangenen Hochschulstudium stellen sich schnell Selbstzweifel ein. Dennoch ließ ich mir diese einmalige Chance nicht entgehen und bewarb mich zum Studiengang M. Sc. Technische Kommunikation bei tecteam.
Als ich mich 2009 zur ersten Präsenzwoche aufgemacht habe, waren schon ein gewisses Unbehagen und die Sorge zu verspüren, ob ich dem Studiengang überhaupt gewachsen bin und ob ich mit den anderen Kommilitonen Schritt halten kann. Relativ schnell hat sich aber gezeigt, dass die Telekurse, Präsenzphasen und Klausuren keine abnormalen Herausforderungen darstellen. Da ich vor dem M.-Sc.-Studiengang bereits einen IHK-Techniker im Bereich Elektrotechnik abgeschlossen hatte, konnte ich mit der ersten Phase des Studiums recht gut umgehen. An so ziemlich alle Punkte konnte ich ohne große Unregelmäßigkeiten in der Regelzeit einen Haken machen. Dazu muss ich aber auch sagen, dass der M. Sc. 14 ein superguter Jahrgang mit hervorragenden Mitstudierenden war. Niemand, der es nicht wollte, wurde im Regen stehengelassen – Dank und Gruß an dieser Stelle!
Und dann kam die Master Thesis
Von den Klausuren bleibt eine überschaubare Restmenge, die Projektarbeit liegt in den letzten Zügen und dann heißt es, dass man sich Gedanken über das Thema der Master Thesis machen solle. Die Themensuche kann ein Stolperstein sein, der immer größer wird und dem Fortgang des Studiums im Weg steht. Große Fragezeichen tun sich auf, während man versucht, ein passendes Thema zu finden. Man fragt sich, was wohl mit dem geforderten wissenschaftlichen Aspekt gemeint ist. Eine Forschungslücke soll es sein – für einen Menschen mit praktischer Prägung ist das eine völlig neue Welt. Das fehlende Verständnis für die Anforderungen an eine wissenschaftliche Arbeit erschafft über Wochen, Monate und Jahre eine omnipräsente Hinterkopf-Parkposition für die Abschlussarbeit.
Und so kommt es, dass nach und nach zunehmend andere Dinge in den Fokus rücken. Die persönlichen, familiären und beruflichen Hochs und Tiefs erfordern immer einen notwendigen Grad an Aufmerksamkeit, dessen Steuerung man ebenfalls parallel erst einmal erlernen muss. Die kleinsten Dinge können dabei auf einmal ultrawichtig werden und den Start der Abschlussarbeit semesterübergreifend verschieben. So hangelt man sich von Semestergebühr zu Semestergebühr und von Studentenausweis-Sticker zu Studentenausweis-Sticker; das Studium wird zu einem M.Sc.-Dauerlutscher.
Den Fokus neu ausrichten
Jedoch muss ich sagen, dass in der Stand-by-Phase der Master Thesis fortwährend ein inneres Verlangen vorherrscht, endlich einmal fertig zu werden. Doch wie kommt man aus der Warteposition in die Startlöcher?
Und so war es letztlich dieselbe Motivation, die mich eingangs zur Anmeldung zu dem Studium getrieben hatte. Auch hier begann ich, wieder durchzustarten und versuchte, Kritik an meinen Exposé-Versuchen zu trotzen und daraus das Beste zu machen. Nach inzwischen einigen Jahren der Pause war es schließlich irgendwann egal, welche Note das Ergebnis bringen würde – Durchkommen war (anfangs) die Prämisse.
Dabei konnte ich die Erkenntnis über das wissenschaftliche Arbeiten nicht einfach per Knopfdruck anschalten. Diese Erkenntnis kam eingangs recht minimal mit den erneuten (harten und auch ehrlich gesagt enttäuschenden) Durchläufen des Exposés und endete im Rahmen der Abschlussarbeit mit den letzten Sätzen, Korrekturen und dem Feinschliff an der Master Thesis.
Im September 2015 habe ich erneut an dem Seminar “Wissenschaftliches Arbeiten” teilgenommen, was mich persönlich bei der Erstellung der Thesis erst einmal nur in den formalen Dingen unterstützt hat. Im Fortgang bis zur Fertigstellung der Arbeit kam dann mit der wachsenden Erkenntnis über das wissenschaftliche Arbeiten auch die eine oder andere Erinnerung an das Seminar – “ach das haben die gemeint…”.
Lange Zeit bin ich davon ausgegangen, dass es darum geht, von anderen Arbeiten oder von Vorlagen lediglich die Struktur zu übernehmen und das Inhaltliche durch mein eigenes Thema zu ersetzen. Das war ein großes Missverständnis. Letztendlich kann ich diese Erkenntnis über das wissenschaftliche Arbeiten für mich persönlich so zusammenfassen: Bei der Master Thesis geht es nicht nur darum, ein Thema zu sammeln und Zusammenhänge und relevante Aspekte zusammen zu schreiben. Vielmehr bildet man sich eine eigene Meinung, entwickelt ein eigenes Verständnis von dem gewählten Thema und begründet seine Ausführungen mit den Ergebnissen seiner Forschung.
Dieser persönliche Erkenntnisgewinn lässt sich schwer in einer Lerngruppe finden oder üben. Da muss man sich in erster Linie leider selbst durchdenken.
Klare, aber agile Ziele
Um noch einmal nach einer langen Abstinenz erneut mit der Master Thesis durchzustarten, hilft es, sich über drei Punkte klar zu werden: den Zeitrahmen, die persönlichen Kosten und die Anforderungen an die Qualität. Hier gibt es durchaus Parellelen zum Projektmanagement, was auch Thema meiner Thesis ist.
Der Zeitrahmen war für mich einfach definiert: asap. Allerdings sind trotzdem vom Entschluss, durchzustarten bis zur Fertigstellung fast zwei Jahre vergangen. Erst habe ich noch einmal das Seminar zum wissenschaftlichen Arbeiten wiederholt, was mir schon mal fast ein Jahr zusätzliche Wartezeit eingebracht hat. Danach galt es das Exposé durchzubringen, um dann mit der eigentlichen Arbeit innerhalb von einem Semester fertig zu werden.
Welche persönlichen Kosten die Wiederaufnahme der Abschlussarbeit mit sich bringen würde, war im Grunde auch klar: Die Familie musste zurückstecken, Freunde und Ehrenämter wurden auf Stand-by geschaltet. Die Planung und Hoffnung, dass es im Job etwas ruhiger werden würde, hat sich leider nicht bewahrheitet. Das war zwar sehr anstrengend, aber ließ sich trotz hoher Arbeitslast gut mit den Vorgesetzten und dem Team planen, so dass ausreichend Zeit für die Master Thesis reserviert werden konnte.
Die geforderte Qualität und somit auch der wissenschaftliche Aspekt der Arbeit war dabei die größte Herausforderung. Trotz Seminar, Büchern und weiteren Informationsquellen war mir immer noch nicht wirklich klar, wie sich das wissenschaftliche Arbeiten gestalten sollte. Es gab für den Praktiker keine Bauanleitung für eine Master Thesis. Letztendlich halfen mir kleine Ziele aus meiner eigenen Perspektive, die ich mir anhand anderer Master Theses mit erkennbar ähnlichen Ansätzen gesetzt habe: die Gliederung der Arbeit, der Aufbau und die Inhalte des Literaturteils, das “Wieso und Warum” am Anfang und die “Ahas” am Ende eines jeden Kapitels als wissenschaftlicher Klebstoff, das Forschen und das Auswerten. All diese Schritte waren erst richtig klar, nachdem sie letztlich als gesamtes Werk abgegeben wurden. Vorher waren es agile Projektschritte, die sich erst nach und nach zu einem Gesamtwerk zusammengefügt haben.
Mein Weg sah also so aus: erst mal starten, dann anschauen und verbessern und im Zusammenhang mit anderen Kapiteln optimieren, bis aus den einzelnen Teilen ein rundes Bild entsteht.
Am Ende
Zum Schluss kann ich sagen, dass sich der Zeitaufwand gelohnt hat – es tut gut, fertig zu sein. Auch wenn man zwischendurch an körperliche Grenzen stößt, wenn beispielsweise der heimische Schreibtischstuhl eine ergonomische Fehlentwicklung ist. Auch muss man sich nicht wundern, wenn sich von der Schreibtischkante so langsam Hornhaut an den Ellenbogen bildet oder sich die Kaffeetassen rings um den Monitor stapeln.
Zeitlich konnte ich in dem halben Jahr für die Master Thesis zwei Wochen Überstundenausgleich und zwei Wochen Urlaub aufbringen (mehr war unerwartet betrieblich nicht möglich). Die Werktage bzw. Abende konnten nur zur Recherche genutzt werden, da sich nach einem Arbeitstag das Gehirn nicht mehr voll nutzen ließ. Mir blieben somit die regulären Wochenenden und ein paar Freitage als Überstundenausgleich, um mit der Arbeit voranzukommen. Von daher war unerwarteterweise der Zeitaufwand sogar relativ gering.
Das eingangs erwähnte Exposé zur Master Thesis hatte letztlich mit der fertigen Arbeit nicht mehr allzuviel zu tun, und ich würde es heute niemandem mehr zeigen wollen. Ende Oktober 2016 konnte ich die Arbeit nach stetig wachsendem Erkenntnisgewinn, Ehrgeiz, Interesse und Spaß mit einem guten Ergebnis in der Defensio abschließen. Ja – es hat sogar Spaß gemacht.
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